Naturwissenschaft
und Religion
1. Vorbemerkung
Die Stellung der Kirche in der aufbrechenden Neuzeit gegenüber
den einsetzenden naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, die Prozesse um Giordano
Bruno und Galileo Galilei sind vielfach unvergessen und haben das Verhältnis
der Disziplinen lange Zeit hinweg belastet.
In seinen späteren Lebensjahren, nach Erhalt des
Nobelpreises, hatte er leitende Funktionen, z.B. bei der Berliner Akademie der
Wissenschaften, inne. Aufgrund seines öffentlichen Amtes sowie seiner
Vorlesungstätigkeit an der Universität wurde er immer wieder um Äußerungen
zu philosophischen sowie verwandten Fragen gebeten.
In diesem Kontext entstand auch sein wichtiger Beitrag
"Wissenschaft und Glaube", den er als Weihnachtsartikel 1930 veröffentlichte.
Seinen darüber hinausgehenden Vortrag " Religion und Naturwissenschaft
" hat er später publiziert. Darin skizzierte er schärfer die Probleme im
Zusammengehen bzw. die Distanz zwischen Disziplinen und "
Vorgehensweisen" , um die Wahrheit zu entziffern.
Bei Planck muss noch bedacht werden, dass er bei
verschiedenen Gelegenheiten Äusserungen zum Thema gemacht hat. Gerne wird sein
Brief an den Dipl.Ing Kick genutzt, um eine Unverträglichkeit von Glauben und
Wissenschaft bei Planck zu konstatieren. In seiner Antwort hatte Planck bemerkt,
dass er nicht an einen persönlichen bzw. christlichen Gott glaube. Dieser Brief
ist im Juni 1947 geschrieben worden, also zu einer Zeit, als Planck unter extrem
ungünstigen Verhältnissen lebte und daran litt. Eine solche Äusserung sollte
nicht überbetont werden, denn kein Mensch wird begeistert von einem persönlichen
Gott sprechen, wenn er in einer elenden Notsituation lebt. Das können wohl nur
Wenige, die vollends im tiefen Glauben stehen, weniger aber Jene, die zwar dem
Glauben verbunden, gleichwohl ihm nicht innerlich verfestigt sind. Generell geht
es bei Planck ja auch nur darum, sein grundsätzliches
positives Verhältnis von Wissenschaft und Glauben zu artikulieren, daran
ändern auch diese und jenen Einzeläusserungen nichts. Gegner des positiven
Gesprächs von Wissenschaft und Glauben hingegen lehnen kontinuierlich die
Verbindung ab.
Seine entscheidenden Beiträge zur speziellen und
allgemeinen Relativitätstheorie erschienen zwischen 1905 und 1917. In jenen
Jahren war Max Planck Herausgeber der international führenden Zeitschrift
" Annalen der Physik ", in der er
wiederholt Arbeiten von Einstein aufgenommen hatte, obwohl sich beide
nicht kannten. Einstein war zu Beginn seiner Laufbahn noch ein nichtpromovierter
Techniker am Berner Patentamt. Das alles störte indes Max Planck nicht,
Einsteins Arbeiten anzunehmen, obgleich er einigen davon durchaus skeptisch
gegenüberstand. Rasch hatte indes Planck die Bedeutung der Einsteinschen
Rechnungen zur Relativitätstheorie erkannt und sie veröffentlicht. In späteren
Jahren kam Einstein nach Berlin, wurde Akademiemitglied und war immer wieder mit
Planck zusammen. Es ist fast eine Ironie des Schicksals, daß ausgerechnet
als Planck Sekretär der Akademie war, Einstein eben diese Institution
verließ. In seiner neuen amerikanischen Heimat setzte er seine Studien fort,
nahm nie wieder eine Auszeichnung aus Deutschland an, wenn man von der Ehrenbürgerschaft
des Fleckchen Caputh absieht.
Einstein hatte sich stets anders verhalten als z.B. Max
Born und James Franck, beides auch Nobelpreisträger
3. Entkoppelt: Erkenntnis und Ethik
Beide-
Einstein und Planck - sind als Naturwissenschaftler, eigentlich
theoretische Physiker, mit den Problemen der Religion im breiteren Umfeld stets
nur zufällig zusammengetroffen.Beide unterschieden als Kantianer theoretische
und praktische Vernunft voneinander, d.h. zwischen Erkenntnis und Ethik. Die
Religion wurde gesehen als von der Erkenntnis entkoppelt. Beide meinten, daß
die Wahrheit und Erkenntnis stets unabhängig ist von der Gesinnung und dem
Glauben des Erkennenden. Die Erkenntnis wird als ethisch neutral hingestellt; es
geht nicht nur um die Frage gut oder schlecht, sondern vielmehr um wahr und
falsch. Aus dieser Sicht haben also Religion und Naturwissenschaft nichts
miteinander zu tun.
4.
Loskommen vom Subjektiven
Planck hingegen meint, daß Religionen durchaus
Richtlinien sein können für ethisches Tun, etwas, was er im dem Ausruf enden
ließ " Hin zu Gott."
Indes darf dies nicht interpretiert werden als ein persönliches
Glaubensbekenntnis zum christlich verstandenen Gott; so etwas hat Planck niemals
explizit ausgedrückt. Es ist vielmehr zu werten als Chiffre " hin zu einem
persönlichen Gott."
Schließlich nutzt Pauli den Begriff der Komplementarität
und bemerkt, daß eben dieser den Geisteswissenschaften keineswegs fremd sei,
bevor ihn Niels Bohr bei der Deutung der Quantentheorie einbrachte. Die weitere
Entwicklung sieht Pauli so, daß es nicht nur zu einer verständnisvollen
Einstellung der (Natur)wissenschaften zur Religion kommen wird, sondern
vielleicht sogar so, daß ein Beitrag zu "der Welt der Werte" (S. 104)
geleistet werden kann.
Im Weiteren macht Heisenberg deutlich, daß eine zu enge
Fassung der Argumentationen, insbesondere auch die nach der
erkenntnistheoretischen Seite der Religion, nicht gefaßt werden kann.
In einem weiteren Zusammenhang geht Heisenberg nochmals
der Frage Naturwissenschaft-Theologie nach. Er sagt: " Obwohl ich nun von
der Unangreifbarkeit der naturwissenschaftlichen Wahrheit in ihrem Bereich überzeugt
bin, so ist es mir doch nie möglich gewesen, den Inhalt des religiösen Denkens
einfach als Teil einer überwundenen Bewußtseinsstufe der Menschheit abzutun,
einen Teil, auf den wir in Zukunft zu verzichten hätten. So bin ich im Laufe
meines Lebens immer wieder gezwungen worden, über das Verhältnis dieser beiden
geistigen Welten nachzudenken; denn an der Wirklichkeit dessen,auf das sie
hindeuten, habe ich nie zweifeln können." (S. 339, Naturw. und rel.
Wahrheit).
Auch Heisenberg setzt sich mit den historischen Stufen des
Wirkens von Naturwissenschaft und Religion auseinander. Dabei kommt auch der
bekannte "Fall" Galilei zur Sprache. Interessant ist seine Deutung,
wenn er bemerkt, " daß hier beide Seiten glauben mußten, im Recht zu
sein. Die kirchliche Behörde und Galilei, beide waren in gleicher Weise überzeugt,
daß hier hohe Werte in Gefahr waren und daß es ihre Pflicht sei, sie zu
verteidigen. (S. 345, ibd).
Übrigens kann man dies an einem anderen Beispiel
verdeutlichen: In der beginnenden Neuzeit wurden ungewöhnliche
Himmelsereignisse (Kometen, Nordlichter) stets als "erschroeckliche
Gesichte" gewertet, die Gottes Gericht ankündigten bzw. auf Ungemach
hindeuteten (s. Schröder, 1984). Dies hielt sich bis in das 18. Jahrhundert.
Erst mit dem Nordlicht vom März 1716 (!) gelang durch die Interpretation von
Ch. Wolff in Halle eine Umdeutung und Neugewichtung. Danach, aber erst danach,
setzte sich die Erkenntnis durch, daß es sich bei diesen Erscheinungen um natürliche
Erscheinungen der Erdatmosphäre handelte.
Das war lange
Zeit nach Galilei. Zu seiner Zeit konnte es keine andere Lösung geben, als die
der damaligen Zeit, zumal Galilei selbst eine sehr indifferente Rolle im
Verfahren spielte. Übrigens sollte auch nicht übersehen werden, wie Galilei
wenig zimperlich mit seinen Gegnern umsprang. Der Jesuitenpater Ch. Scheiner,
der ebenfalls die Sonnenflecken frühzeitig entdeckt und beschrieben hatte,
wurde von ihm aufs Übelste beschimpft. Der eigentliche Entdecker der
Sonnenflecken, Johann Fabricius aus Osteel (Emsland), der 1611 die erste Schrift
zu diesem Phänomen in Wittenberg drucken ließ, wurde erst gar nicht erwähnt.
Die Diskussion um Galilei ist, nachdem Brandmüller den
historischen Kontext dargelegt hat, nicht geeignet, eine wissenschaftsfeindliche
Stellung der Kirche abzuleiten. Es ist sinnlos, dieses Verfahren aus heutiger
Zeit zu werten, man muß es aus der damaligen Sicht sehen. Heisenberg hat dies frühzeitig so gesehen,
nur haben viele Autoren seinen Text nicht gelesen.
Mit seiner Darstellung zu Galilei macht Heisenberg
zugleich auch nochmals die unterschiedlichen Positionen deutlich, wenn er
schreibt: " die religiöse und naturwissenschaftliche (Sprache)
auseinanderhalten müssen,..., gehört auch, daß wir jede Schwächung ihres
Inhalts durch ihre Vermengung vermeiden müssen. Die Richtigkeit bewährter
naturwissenschaftlicher Ergebnisse kann vernünftigerweise nicht vom religiösen
Denken in Zweifel gezogen werden, und umgekehrt dürfen die ethischen
Forderungen, die aus dem Kern des religiösen Denkens stammen, nicht durch allzu
rationale Argumente aus dem Bereich der Wissenschaft aufgeweicht werden."
(S. 348, Naturw. und rel. Wahrheit).
Gott kann
niemals Objekt sein, er ist Person, dreifältige Person - der dreipersönliche
Gott. Er entzieht sich der Welt,
die der Mensch mit dem Verstand
durchforschen soll und darf. Doch Gottes Welt durchforschen kann der Mensch
nicht. Da ist der Mensch auf die Offenbarung Gottes angewiesen. Des Menschen
Verstand aber kann einsehen, daß wir glauben müssen, und glauben können, denn
Gott hat dem Menschen nichts Widersinniges vermittelt, vor allem hat er seine
Liebe offenbart, die sich vor allem auch in den
zehn Geboten konkretisiert. Sie sind die Grundlage zum Miteinander in
dieser Welt. Überschreitet der Mensch diese Gebote Gottes geht es in der Tat
drunter und drüber in der Welt, weil es dann kein liebendes Miteinander gibt.
Insofern kann also Gott niemals "Objekt" des
Glaubens sein, da die Wissenschaft jedoch mit der Objektfülle arbeitet, schließen
sich beide Wirklichkeiten aus, mit anderen Worten, sie besagen und beschreiben
eine unterschiedliche Wirklichkeit, wobei gleichwohl die Glaubensaussage
beinhaltet, daß Gott Schöpfer eben dieses Universums und dieser Wirklichkeit
ist.
Er sagte beim
Angelusgebet " Das in der Taufe empfangene neue Leben ist nicht der
Verwesung und der Macht des Todes unterworfen. Für den, der in Christus lebt,
ist der Tod der Übergang von der irdischen Pilgerschaft zur himmlischen
Heimat..." ( L'Osservatore Romano, Nummer 44, 2005).
Damit ist alles gesagt. Was sollte "die"
Wissenschaft dazu auch sagen? Auf ihre Ergebnisse hinweisen, die dies ausschließen?
Was besagte dies? Nichts. Es mag für die Wirklichkeit der Wissenschaft Bestand
haben, kann jedoch den Glauben weder widerlegen noch berühren. Die
Glaubensaussage ist unantastbar und in sich schlüssig für den, der glaubt. Wer
dies nicht tut, wird - welcher Hilfsmittel er sich auch immer bedient - dies
weder nachvollziehen, noch verstehen können.
Persönliche Glaubensbekenntnisse großer Naturforscher können
und dürfen als Bereicherung im Gespräch von (Natur)Wissenschaft und Glauben
empfunden werden. Sie sind jedoch nicht im Einzelfall geeignet, den Glauben zu
verstärken oder andererseits zu widerlegen. Das wollten die Forscher sicherlich
auch niemals, mit Sicherheit nicht Heisenberg und Planck. Es sind Ent-Äußerungen
aus einem bestimmten Lebensgefühl, einer Erfahrung, die schließlich dazu drängt,
sich dem Glauben zu öffnen bzw. ihn zu verstehen. Wichtig bei allem - auch das
muß bei der Betrachtung aller Ereignisse der Vergangenheit von Wissenschaft und
Religion gesehen werden,- es kommt
darauf an, gemeinsam das Gespräch zu suchen, um Antworten zu geben auf
Wirklichkeiten, die sich dem Menschen stellen.
6.
Die Letztfrage
Was besagt
diese nüchterne Aussage für das Verhältnis Kosmologie und biblischer Schöpfungsbericht
bzw. christliches Glaubensbekenntnis? Zunächst könnte man meinen, sehr viel,
zeige es doch, daß alles seinen natürlichen Gang genommen hätte, es keinerlei
schöpferischer Gestalt in Form eines Gottes bedarf. Doch dem ist nicht so. Die
kosmische Physik gibt eine Zustandsbeschreibung eines vorgefundenen Ergebnisses,
sie erfaßt etwas, was zum Zeitpunkt der Messung vorhanden ist und knüpft daran
weitere Überlegungen. Irgendeine weitergehende Aussage oder gar ethische Ausführung
gibt sie nicht, will sie nicht, kann sie auch nicht geben. Das liegt ihr ferne,
übersteigt ihre Möglichkeiten und ist auch nicht in diesem engen Sinne eine
physikalische Aufgabe, geschweige denn ihre Fragestellung.
Ratzinger hat hiermit das Kernproblem angesprochen, das in
anderer Form auch schon bei Planck und anderen vorkommt. Wo liegt die Grenze,
die unüberschreitbare der wissenschaftlichen Erkennnis, wo kann sie keine
Antwort, geschweige denn Erklärung des Vorgefundenen mehr geben? Es findet sich
im Bereich des Überschreitens der meßbaren und bestimmbaren Wirklichkeit, die
jedoch nur eine Form des Wirklichen ist, nämlich der sichtbaren und für den
Menschen erfaßbaren. Jenseits dessen gibt es eine weitere, die sich der
Wissenschaft verschließt und nur im Glauben zugänglich bzw. besser gesagt:
erahnbar ist.
Es heißt
grundsätzlich, Gott behält die Macht in der Geschichte. Er hat sie nicht an
das Naturgesetz abgetreten. Er ist nicht ohnmächtig geworden in der Welt der
Materie und des materie-bestimmten Lebens. Das Gesetz aller Gesetze, das
universale Gesetz des Todes ist nicht die letzte Macht der Welt, ihr letztes
Wort. Das Letzte ist und bleibt der, der auch der Erste ist (Gott). Darum ist
er, der ewig Lebendige auch der Lebendigmacher. Vor allem der Glaubende, der
nach seinem Bilde geschaffen ist, kann nicht tot bleiben. Er wird eine neue Schöpfung
durch die Auferstehung in Jesus Christus.
Eine solche Aussage kann nicht naturwissenschaftlich oder
philosophisch hinterfragt , schon gar nicht geprüft werden.Das liegt jenseits
der Möglichkeiten dieser Disziplinen. Es ist eine Glaubensaussage, eine
Bestimmung des Wirklichen, die jenseits aller naturwissenschaftlichen Erkenntnis
liegt.
In diesem Zusammenhang fällt auch die Frage nach dem Ende
der uns bekannten Welt. Alle Prognosen der Naturwissenschaften zur Zukunft des
Universums geben diesem keine. Es wartet sowohl auf das Sonnensytem als auf das
Universum im allgemeinen das Ende, der Zerfall. Hoffnung für den Menschen gibt
es nicht. Die Naturwissenschaften können diese weder geben noch dafür stehen.
Der Glaube bietet eine völlig andere Sichtweise: Der
menschliche Geist kann niemals erfassen, wo Gott ist. Vielmehr nimmt er an, daß
Gott über der Welt steht, auch über dem Weltraum, in dem sich die Galaxien
ausbreiten, wie die Astronomie lehrt. (In diesem Zusammenhang sei auch auf die
interessante Diskussion der vielen Universen hingewiesen, vgl. Rees 2001). Was hinter
dem gewaltigen Weltraum liegt, ist die Ewigkeit. Sie ist Gottes Welt. Denn
hinter dem Weltraum beginnt die Welt Gottes, die wir Ewigkeit nennen, wo es
keinen Raum und keine Zeit mehr gibt. So
bleibt für den Gläubigen nur das Geheimnis Gottes, das eben nur im Glauben
erahnt werden kann und vor der der Mensch in aller Ehrfurcht stehen wird. Diese
Welt ist dem Menschen im Leben verschlossen.
Wenn also die Wissenschaft lehrt, daß die Welt einmal
untergehen wird, so ist dies nicht wesentlich für den Glaubenden. Schon die
Heilige Schrift zeichnet das Ende der Welt, teilweise in grausamen Bildern.
Demgegenüber sieht der Glaubende es so, daß Gott seine Schöpfung ins Leben
gerufen hat, er wird sie auch beenden.Die Sonne wird enden, dann wird indes das
Leben, das noch existiert, zu Gott zurückkehren. Gott war - er ist - und er
wird sein. In der Osternacht, das weiß der Glaubende, betet der Priester, wenn
er die Osterkerze segnet: Christus gestern - Christus heute - Christus in
Ewigkeit. Diese Ewigkeit kann der
Mensch aber nicht verstehen, weil, wie bemerkt, die Denkkategorie dazu fehlt.
Der Verstand ist begrenzt und kann nur im Raum - und Zeitkategorien denken.
Deshalb kann der Mensch das Wort "ewig" überhaupt nicht begreifen,
weil damit keine Raum- und Zeitvorstellung verbunden ist. Aus der Heiligen
Schrift weiß der Glaubende, daß er vom Leben ins ewige Leben gehen wird.
Diesen Trost kann die Physik oder eine andere
naturwissenschaftliche Disziplin keinem Menschen bieten. Daran wird nochmals der
Unterschied der Disziplinen deutlich. Beide bewegen sich in einem anderen
Bereich, sind gleichwohl dem Menschen verbunden. Für den Menschen bieten
hingegen die Physik und die anderen Disziplinen außer einer rationalen Erklärung,
die sich an die bewährten Naturgesetze orientiert, nichts. Weitergehendes vermögen
sie nicht zu geben. Das macht jedoch die Theologie, die biblische Glaubensgewißheit.
Man erkennt, daß bei allen Gemeinsamkeiten, bezogen auf
die Verantwortung für den Menschen, ein Unterschied bleibt, der unaufhebbar
ist. Deswegen kann man beide - Physik (oder andere naturwissenschaftliche
Disziplinen) und Theologie- auch
nicht gegeneinander ausspielen. Das macht keinen Sinn, oder um ein Wort von Sir
Arthur Eddington zu gebrauchen, so etwas tun nur "mittelmässige
Philosophen".
Hingegen hat gegenüber dieser Aussage die Wissenschaft
nichts, aber auch gar nichts zu bieten, außer den totalen Untergang und die
Sinnlosigkeit, die dem Menschen keinerlei Perspektive eröffnet. Man mag
einwenden, daß diese eine glaubensgebundene Aussage ist. Nur heißt dies ja
nicht, daß sie deshalb weniger richtig ist als jene der naturwissenschaftlichen
Erkenntnis. Es sind beide Aussagen richtig in ihrer jeweils besonderen Sprache,
oder wie Planck es ausdrückt, in
den eigentümlichen Symbolen, was dann aber auch für die Naturwissenschaft
gilt.
Man kann auch ein anderes Wort von Ratzinger bringen:
" Das Bemühen, aus dem an sich Vernunftlosen das Vernünftige zu
destillieren, scheitert hier recht augenfällig" (Ratzinger 2005, S. 147).
Dies alles ist wenig geeignet, um zu
einer umfassenden Ethik, die alle brauchen, zu kommen. Erst der Glaube
gibt hier jenen entscheidenden
Hinweis und vermittelt einen Ausweg aus der Krise. Planck hat dies etwa so
ausgedrückt, wenn er auf die eigentümlichen Symbole der Religion hinweist, die
eben in einer unverzichtbaren Weise einen Beitrag zum Gesamten geben.Das
Ethische kann jedoch nur von der Religion geleistet werden, niemals von der
Physik oder den Naturwissenschaften an sich.
7.
Äußerungen bedeutender Physiker
Aus dem Gesagten spricht aber eben jene Ehrfurcht, jener
Respekt , was für ein Gespräch Wissenschaft und Glaube unabdingbar ist .Es
zeigt sich aber auch, daß zwischen den exakten Naturwissenschaften und
dem christlichen Glauben viel eher ein unverkrampftes Gespräch möglich ist,als
man dies von den gewissen geisteswissenschaftlichen Disziplinen her kennt.
Amerikanischer Physiker, Nobelpreisträger
Sir
Arthur Stanley Eddington
(1882-1946)
Englischer Physiker und Astronom
Werner
Heisenberg (1901-1976)
Deutscher Physiker, Nobelpreisträger
"Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft
macht atheistisch; aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott."
Pascual
Jordan (1902-1980)
Deutscher Physiker
Die moderne Entwicklung hat die früheren Hindernisse
einer Harmonie von Naturwissenschaft und religiöser Weltauffassung bestätigt.
Die heutige naturwissenschaftliche Erkenntnis liefert keinen Einwand mehr gegen
einen Schöpfergott."
Guglielmo
Marconi (1874-1937)
Italienischer Physiker, Nobelpreisträger
"Ich erkläre mit Stolz, daß ich gläubig bin. Ich
glaube an die Macht des Gebetes. Ich glaube nicht nur daran als gläubiger
Katholik, sondern auch als Wissenschaftler"
Gustav
Mie (1868-1957)
Deutscher Physiker
"Wir müssen sagen, daß ein denkender Naturforscher
notwendig... ein frommer Mensch sein muß. Denn er muß sich in Ehrfurcht vor
dem göttlichen Geist beugen, der in der Natur so deutlich zu spüren ist...,
der aber andererseits doch in der unermeßlichen Mannigfaltigkeit des Geschehens
immer für uns unfaßbar bleibt."
Robert
Andrews Milikan (1868-1953)
Amerikanischer Physiker, Nobelpreisträger
" Leute, die wenig von Wissenschaft wissen, und
Leute, die wenig von Religion verstehen, mögen sich einmal streiten, und die
Zuschauer mögen denken, da streiten sich nun die Wissenschaft und der
Glaube, während es sich in der Tat um einen Zusammenstoß zwischen zwei
Arten von Unwissenheit handelt."
Walter
Nernst (1864-1941)
Deutscher Physiker und Chemiker, Nobelpreisträger
"Physik treiben heißt hinter dem Schöpfungsakt
Gottes hinterhersehen."
Max
Planck (1858-1947)
Deutscher Physiker, Nobelpreisträger
"Wohin und wieweit wir also blicken mögen, zwischen
Religion und Naturwissenschaft finden wir nirgends einen Widerspruch, wohl aber
gerade in den entscheidenden Punkten volle Übereinstimmung.
Religion und Naturwissenschaft schließen sich nicht aus, wie heutzutage
manche glauben und fürchten, sondern sie ergänzen und bedingen einander. -
Gott steht für den Gläubigen am Anfang, für den Physiker am Ende aller
Dinge."
Erwin
Schrödinger (1887-1961)
Österreichischer Physiker, Nobelpreisträger
"Sie (die Aufbauelemente des Lebendigen) sind kein
plumpes Menschenwerk, sondern das feinste Meisterstück, das jemals nach den
Leitprinzipien von Gottes Quantenmechanik vollendet wurde"
Heinrich Vogt (1890-1966)
Deutscher Astronom
Die Existenz der Welt läßt sich aus ihrer Beschaffenheit
heraus nicht begründen. Sie kann auch nicht aus sich selbst sein, sie fordert
einen Ursprung, der keines Ursprungs bedarf. Sie weist über sich selbst hinaus
in das Transzendente, auf einen überweltlichen Untergrund, auf eine höhere, übernatürliche
Macht hin, deren Wesen wir mit den Methoden der Naturwissenschaft wohl niemals
werden erfassen können... Naturwissenschaft und wahre Religion stehen auf
keinen Fall zueinander im Gegensatz, sondern sie ergänzen sich vielmehr
gegenseitig."
Max
von Laue (1879-1960)
Deutscher Physiker, Nobelpreisträger
"Die Naturforscher wollten Gott von Angesicht zu
Angesicht sehen. Da dies nicht möglich war, beteuerte ihre exakte Wissenschaft,
daß es ihn nicht gebe. Um wie vieles sind wir Naturforscher bescheidener
geworden! Wir beugen uns in Demut vor dem Übergroßen, vor dem Übermächtigen,
dem ewig Unsichtbaren, dem niemals Erfaßlichen."
Carl
Friedrich von Weizsäcker (1912)
Physiker
Die Theologen... bewahren die einzige Wahrheit, die tiefer
reicht als die Wahrheit der Wissenschaft, auf der das Atomzeitalter beruht. Sie
bewahren ein Wissen vom Wesen des Menschen, das tiefer wurzelt als die
Rationalität der Neuzeit. Der Augenblick kommt unweigerlich immer wieder, in
dem man, wenn das Planen scheitert, nach dieser Wahrheit fragt und fragen wird.
8.
Schlußbemerkungen
Die Erörterungen zeigten, daß zwischen der
naturwissenschaftlichen Weltbetrachtung und der christlichen (theologischen)
keine Gegensätze bestehen. Die schon bei Planck hervorgehobene notwendige Ergänzung
beider Betrachtungsweisen der Welt wird auch heute um so deutlicher. Selbst wenn
man die der Religion wohlgesonnenen Aussagen einzelner Naturwissenschaftler nicht überbewerten
soll, so zeigt sich doch, daß praktisch kein ernsthafter Vertreter sich am
primtiven Kampf gegen die christliche Lehre beteiligt hat oder beteiligt.
Das Aufeinanderzugehen
ist deshalb auch in der heutigen Zeit des allgemeinen Wertezerfalls das
wichtigste Anliegen. Beide - Naturwissenschaften und christlicher Glaube - haben
eine ganz entscheidende Aufgabe in der Wahrung dieser Welt und ihrer Werte. Kürzlich
hat Papst Benedikt XVI den Zusammenhang von Wissenschaft und Vernunft nochmals
sehr schön umrissen:
Er machte
deutlich, daß am Anfang eines jeden Christseins nicht irgendein Entschluß
steht, sondern die Begegnung mit dem lebendigen Jesus Christus und führte dann
aus:
"
Die Fruchtbarkeit dieser Begegnung kommt in besonderer und kreativer Weise auch
im gegenwärtigen menschlichen und kulturellen Kontext zum Ausdruck, vor allem
in Verbindung mit der Vernunft, die die modernen Wissenschaften und die
entsprechenden Technologien ins Leben gerufen hat. Ein grundlegender Wesenszug
dieser letzteren ist nämlich der systematische Einsatz des Mittels der
Mathematik, um mit der Natur arbeiten zu können und uns ihre immensen Kräfte
dienlich zu machen".
Nach Würdigung der Rolle der
Mathematik sagt Benedikt XVI weiter :
"
Sie setzt nämlich voraus, daß das Universum selbst intelligent strukturiert
ist, so daß es eine tiefe Entsprechung gibt zwischen unserer subjektiven
Vernunft und der objektiven Vernunft in der Natur. Es ist daher unvermeidlich zu
fragen, ob es nicht eine einzige urspüngliche Intelligenz geben muß, die die
gemeinsame Quelle der einen und der anderen Vernunft ist. So führt uns diese
Reflexion über die Entwicklung der Wissenschaften zum 'Schöpferlogos' zurück."
(Osserv. Romano 22. Oktober 2006, Nr. 43, Seite 8)
Diesen Ausführungen von Papst Benedikt XVI braucht nichts
hinzugefügt zu werden, da auch unsere Betrachtungen ein ähnliches Ergebnis
brachten. Die Harmonie der wissenschaftlichen Weltbetrachtung mit dem
christlichen Bekenntnis eines Schöpfergottes ist nicht nur gegeben, sondern sie
ruft nach Entsprechung.(5)
Anmerkungen
1) Diese Formulierung Einsteins führt nicht weiter. Eine
Religion ohne Gottesbegriff gibt es nicht. Sie verehrt immer einen personalen
Gott. Die Esoterik hingegen macht das nicht, hat also auch nichts mit Religion
zu tun. Sie sieht Gott z.B. in Sonne, Mond und Sternen, doch nicht in einer
Person. Grundsätzlich muß man sehen, daß man nur zu einer Person bitten und
beten kann. Möglicherweise kann man ohne Religion eine Ethik entwickeln, die im
Gewissen des Menschen grundgelegt ist. So kann er aus sich heraus erkennen, was
gut und böse ist, doch hat das mit Religion nichts zu tun. Insofern sind auch
alle theoretischen Kunstgriffe, ein
ethisches System, ein Muster für die Menschen zu entwickeln, zwar denkbar,
jedoch ohne jeglichen religiösen Bezug.
2 Bei der Stellungnahme der Katholischen Kirche kommt den
Äußerungen von Joseph Kardinal Ratzinger (jetzt Papst Benedikt XVI) eine
besondere Bedeutung zu.
Siehe auch: Joseph Kardinal Ratzinger, Aus meinem Leben.,
Erinnerungen Stuttgart, DVA, 1998, 190 S.
3 Hinzuweisen wäre auch auf Joseph Kardinal Ratzinger in:
Papst Johannes Paul II, Enzyklika Fides et ratio (Glaube und Vernunft), S.
107-112. Chrtistiana Verlag, Stein
am Rhein 1998.
4) Es ist bemerkenswert
und zugleich
interessant, daß vom Päpstlichen Rat für die Kultur ein
Kongreß angeregt wurde, auf dem die Verbindung zwischen der Theologie und den
Naturwissenschaften untersucht und diskutiert wurde. U.a. wies D. Lambert
daraufhin, daß man die verschiedenen Ebenen halten müsse und Naturwissenschaft
und Theologie jeweils für sich stehen. (siehe Bericht in L'Osservatore Romano
47/2005, Seite 6).
5) W. Brandmüller (1982) spricht von "der
kopernikanischen Wende im Verhältnis von Naturwissenschaften und Kirche"
(S. 154), was sicherlich richtig ist.Dieser Prozeß ist unumkehrbar.
Literatur:
W. Brandmüller, Galilei und die Kirche oder das Recht auf
Irrtum. Regensburg, Prustet, 1982
W. Brandmüller/I. Langner, Der Fall Galilei und andere
Irrtümer. Macht, Glaube und Wissenschaft, Augsburg 2006
W. Heisenberg, Der Teil und das Ganze. Gespräche im
Umfeld der Atomphysik. München, 1973
W. Heisenberg, Naturwissenschaftliche und religiöse
Wahrheit. Phys. Blätter 29, 1973, 339-349
W. Heisenberg, Schritte über Grenzen.Gesammelte Reden und
Aufsätze. München 1973, 2. Aufl.
M. Jammer, Einstein and Religion. Princeton University
Press 1999, 279 S.
H. Muschalek, Gottesbekenntnisse moderner Naturforscher.
Berlin 1952, 3. völl. überarb. u. erw. Aufl., 296 S.
Joseph Kardinal Ratzinger, Im Anfang schuf Gott. Vier
Predigten über Schöpfung und Fall. Konsequenzen des Schöpfungsglaubens.Freiburg,
Johannes Verlag, 1996,94 S,
Joseph Kardinal Ratzinger, Grundsatzreden aus fünf
Jahrzehnten. Regensburg 2005, S. 168
Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. Grundsatz-Reden aus fünf
Jahrzehnten. Pustet, Regensburg, 2005, 214 S
Joseph Ratzinger/Benedikt XVI, Der Gott des Glaubens und
der Gott der Philosophen. Ein Beitrag zum Problem der theologia naturalis, hrsg.
von H. Sonnemans, Leutesdorf, 2005, 2. erg. Aufl.
M. Rees,The Cosmic Habitat. Princeton University
Press, 2001
M. Schmaus, Katholische Dogmatik. Zweiter
Band: Gott der Schöpfer und Erlöser, 3. und 4. umgearb. Aufl., München,Hueber
Verlag
W. Schröder, Das Phänomen des Polarlichts. Darmstadt,m
Wiss. Buchges. 1984.
W. Schröder, Naturwissenschaft und Religion (Versuch
einer Verhältnisbestimmung bei Max Planck und Werner Heisenberg, Bremen,
Science Edition, 1999.