Arbeitskreis Geschichte der
Geophysik und Kosmischen Physik

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Informationen zum Nordlicht (Aurora Borealis)
Von Wilfried Schroeder

Polarlichter treten gemeinhin in der Naehe der Pole auf, wo das Magnetfeld der Erde die harte Strahlung aus dem Weltall nicht so gut abschirmen kann. Doch hin und wieder sind diese Himmelserscheinungen auch ueber Deutschland zu beobachten. Wer immer sie sieht, wird sich ihrem Zauber nicht entziehen koennen: meist schiessen aus einem ruhigen, weissen Bogen rote, gruene, weisse und violette Strahlen gen Himmel, fallen in sich zusammen, taenzeln erneut in immer wieder wechselnder Form, dazu bilden sich breite, intensiv-rote Flaechen, die schliesslich den gesamten West- bis Osthimmel ausfuellen und ein geradezu gespenstisches Lichtermeer bilden, das dem Unwissenden durchaus Aengste einjagen kann. Manchmal, bei grossen Sonnenstoerungen, kommt es sogar dazu, dass sich im Zenit, also ueber dem Kopf des Betrachters eine "Polarlichtkrone" bildet, geradezu der Abschluss eines grossen kosmischen Geschehens.

Vom Mittelalter bis weit in die Neuzeit betrachteten die Menschen diese Erscheinungen als "erschroecklich Wundergesicht", "graeulich Rute" oder gar "goettliches Wunderzeychen", das immer dann auftauchte, wenn Gott irgendein Unheil ueber die Menschen kommen liess, sei es Pest, Krieg oder Hungersnot. Der fruehere Mensch, ganz dem religioesen Weltbild verhaftet, konnte sich diese ploetzlich auftretenden Himmelslichter nicht anders erklaeren: traten sie auf, war die goettliche Ordnung gestoert, so dass man nur rasch Busse tun konnte, um das Allerschlimmste abzuwenden. Aber selbst in der juengsten Vergangenheit konnte es passieren, dass die Feuerwehr gerufen wurde, wenn gewaltige rote Polarlichter ueber Deutschland auftraten. Manch einer vermutete eine Grossbrand hinter dem fernen Leuchten.

War also lange Zeit hindurch das Polarlicht ein „wunderbarlich Gesicht“, so begann seine Erforschung im 19. Jahrhundert rasch voranzuschreiten. Mit der Spektralanalyse, der Erkenntnis ueber die Beziehungen zwischen Sonne und Erdatmosphaere begann man, das Phaenomen besser zu verstehen. Es wurde rasch klar, dass das Polarlicht von einem selbstleuchtenden Gas stammen muss, also keineswegs reflektiertes Sonnenlicht ist, Damit war ein erster Schritt auf dem Wege zur neuen „kosmischen Physik“ getan. Das Polarlicht wird von der Sonne verursacht. Vor ihr werden staendig geladene Teilchen, der Sonnenwind, ins All abgestrahlt. Es handelt sich dabei um Protonen und Elektronen, die mit Geschwindigkeiten von 400 bis 800 Kilometern pro Sekunde auf die Erde niederprasseln. Da unser Planet von einem Magnetfeld umgeben ist, finden diese Teilchen hier ihr erstes Hindernis in der Magnetosphaere. Ein Teil der solaren Partikelstrahlung dringt auch in die Erdatmosphaere ein, was wegen der Form des Magnetfeldes besonders in noerdlichen Breiten geschieht, und regen die Gasteilchen zum Leuchten an. Dieser Vorgang geschieht etwa in einer Hoehe von der 100 bis 300 Kilometern. Die Farbe des so entstandenen Polarlichts haengt von der Energie der einstroemenden Teilchen ab. In unseren Breiten werden besonders gruene Farbtoene, aber auch rote sowie blaue und violette gesehen. In den noerdlichen Breiten kann man das Polarlicht fast jede Nacht sehen. In Deutschland sind es im Jahresmittel immer noch sechs bis zehn Erscheinungen.

Wesentlich haeufiger treten sie auf, wenn die Sonne in ihre aktive Zeit tritt: Die Sonnenaktivitaet schwankt alle 11 Jahre, in diesem Jahr erreicht sie wieder ein Maximum. Die von der Sonne ausgeworfenen Teilchen erreichen die Erde nach etwa 24 Stunden, stosse weit in das Magnetfeld vor und druecken die eigentliche "Polarlichtzone" immer weiter suedwaerts. Dadurch werden Polarlichter auch in mittleren Breiten sichtbar, ja in extremen Zeiten wurden sie in den Mittelmeerlaendern und sogar in Indien beobachtet.

Die heutige Wissenschaft erforscht den Erde-Sonne-Raum auf vielfaeltige Weise mit Hoehenforschungsraketen, Satelliten, All-Sky-Kameras, die ununterbrochen den Himmel fotografieren. Dabei geht es laengst nicht nur um das Polarlicht allein, vielmehr weiss man heute, dass die Beziehungen Sonne-Atmosphaere-Klima-Mensch sehr komplex sind. Ungeachtet aller dieser Forschungen bedeutet das Polarlicht fuer den heutigen Menschen jedoch ein besonderes Erlebnis, das er sich in den kommenden Monaten nicht entgehen lassen sollte, denn die Eindruecke dieses himmlisch-kosmischen Geschehens sind unausloeschlich. Um die Polarlichter zu sehen, beobachte man vornehmlich den Nordhimmel zu verschiedenen Zeiten, wenn sich wechselnde Farben und Figuren am Himmel erkennen lassen, kann man fast sicher sein, Zeuge des Geschehens der Sonne auf der Erde zu sein.

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