Heute schon gesmst?

octo's subjektive Meinung über SMS

Über die Verballhornung der Sprache, das dumblyfying der Jugendlichen und sonstigen Dummfug, den es über SMS zu sagen gibt.

Es ist mal wieder das alte Leid: Ein neuer Trend, was sag ich, eine neue Kultur macht sich breit und unser Bildungssystem hinkt mal wieder hinterher. Oder wurde schon jemand in der Schule über SMS aufgeklärt? Eine SMS is essentiell die Weiterentwicklung der "Textzusammenfassung", die jeder schon einmal im Deutschunterricht machen musste (bzw. machen werden muss): Statt vier auf eine Seite zu komprimieren wird hier die Nachricht in maximal 160 Zeichen gequätscht. Dass darunter Rechtschreibung, Lesbarkeit und Inhalt signifikant leiden ist ein Kompromiss, den man gerne bereit ist einzugehen. Und was verliert man denn schon? Groß-/Kleinschreibung ist sowieso ein Relikt aus der Anfangszeit der deutschen Sprache und viele Grundschüler werden sehr dankbar sein neben Schuhe binden, Ohne-Finger-Zählen und Nur-Sein-Eigenes-Pausenbrot-Essen nicht auch noch diesen unpraktischen und absolut überflüssigen Hickhack lernen zu müssen. Auch Leerzeichen sind was für Handy-In-Der-Schule-Ausschalter. Soll doch der Empfänger ein paar Minuten rätzeln was man ihm hat mitteilen wollen, das wird seine logischen Denkfähigkeiten trainieren und es einem spätestens nach dem Abitur danken. Dass man bei den zwanghaften Bemühungen natürlich nicht mehr wirklich Lust hat auch noch irgendetwas sinnvolles zu schreiben ist leicht nachvollziehbar. Für wirkliche SMS Profis gibt es inzwischen sogar Lexika, um den Buchstabenwurst zurück in verstehbare Wortfetzen zu übersetzen. Der kryptische Inhalt "MaDuBi" (Um Sinn-Brocken voneinander zu Trennen musste leider Gross-/Kleinschreibung angewandt werden. Profis können diese Optimierung selbstverständlich zwecks Zeiteinsparung weg lassen..) übersetzt sich beispielsweise zu "Magst Du [ein] Bier?". Anstatt eine Schönheit (und potentielle zukünftige Lebensabschnittsgefährtin) mit seiner Anwesenheit zu belästigen und sie dann auch noch aktiv zum Drogenkonsum zu animieren bringt man so auf respektvolle und elegante Weise in Erfahrung, ob sie gewillt wäre mit einem prüden Deppen, der offenbar noch in der vorpupertären Phase steckt, Kontakt aufzunehmen und im günstigsten Fall ihre (Handy)Nummer zu hinterlassen, damit er (der vorpupertäre Depp) ihr weitere reizende und liebevoll ausformulierte SMS "schreiben" kann. Etwa so: "WiDuFi?" (Die Übersetzung sei dem Leser überlassen. Vielleicht findet sich ja das ein oder andere SMS-Talent?!)

Ausserdem stellt das geSMSse (sprich: "gesimmse", SMSer-Jargon) den Hoffnungsschimmer für die geplagte Wirtschaft dar. Nachdem nun im Schnitt jede Familie ein Auto hat, sowohl Radio als auch Fernseher erschwinglich geworden sind und auch die Preise von Computern unverschähmterweise ins Bodenlose gefallen sind, stellen SMS ein gutes Schlupfloch dar, um der ach so geschüttelten Informationsindustrie doch noch ein paar Euro zukommen zu lassen. Statt 'mal eben für eine Minute anzurufen und im schlimmsten Fall 30 Cent zu zahlen schreibt man, der Konjunktur zu Liebe, eine SMS. Da sind die 30 Cent garantiert, der Empfänger hat dann gleich die selbe Möglichkeit der Wirtschaft etwas Gutes zu tun und meistens bleibt es dann doch nicht bei nur zwei SMS. Tolle Sache! Und noch nicht einmal Inhalt braucht man.. (Geheimtipp: Im Notfall einfach ein "Wie geht's dir?" bzw. "wiegehtsdir" schicken und die "Unterhaltung" ist eröffnet) Und wem das immernoch zu hoch ist, der kann sich vor die Glotze hauen (ist ja auch nicht mehr so teuer), MTV gucken und mit seinem Telefon den nächsten Titel waehlen - via SMS versteht sich. Wie man sieht: Die Kombination CD-Player + Fernbedienung hat schon so gut wie abgedankt. Schon allein deshalb, weil die Boxen der Stereoanlage viel zu gut abgeschirmt sind und dann dieses charakteristische Knacken nicht ertönt, wenn die Schönheit mit einem graziösen "FiDi!" antwortet. Tja, Pech gehabt.

Wahrscheinlich hat ihr ein Nebenbuhler eine Bild-SMS "geschrieben". Da kann unser armes Würstchen natürlich einpacken. Es sei denn, er findet einen coolen SMS-Spruch im Internet, da muss man sich dann ungefähr so viel Gedanken machen über den Inhalt, wie wenn man sich bei MTV zwischen Britney Spears und den No Angels entscheiden muss. Total easy! Und wenn das nix genützt hat, kann sich unser Held den weiblichen Körper in Form eines Logos auf das Display seiner SMS-Tastatur schicken lassen, für 1,80 EUR pro Minute, zu Gunsten des Wirtschaftsstandortes Deutschland.

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Dieses Dokument wurde verfasst von Florian Forster <octopus at verplant.org>